Mit frischem Wind und klarer Philosophie: Am Sonntag (16 Uhr, Staffeln) startet Swiss Central Basketball unter dem neuen Trainer Dragan Andrejević in die neue NLB-Saison.
Bericht: Daniel Schriber
Fotos: Mike Epprecht und Daniel Schriber
Dragan Andrejević hat in über 20 Jahren als Trainer schon viel erlebt. Zu Beginn seiner Karriere arbeitete er als Coach in der europäischen Basketballhochburg Belgrad. Später war es als Assistent in der Bundesliga (Bayreuth) sowie als Nachwuchs-Coach bei Bayern München – auch in der Welt der Körbe eine grosse Nummer – tätig. Vor einigen Jahren schlug Andrejević dann Wurzeln in der Schweiz. 2022 sorgte er in der Szene für Furore, weil er mit den Starwings Regio Basel sensationell das Playoff-Finale erreichte. Infolgedessen wurde er vom Spitzenclub Genf abgeworben, wo er die vergangenen eineinhalb Jahre verbrachte, die vorhandenen Titelerwartungen aber nicht erfüllen konnte.
Und nun also ist der 50-Jährige, der mit seiner Familie im zürcherischen Zollikerberg lebt, in der Zentralschweiz gelandet. Ein Abstieg? Auf dem Papier sicherlich. Doch Dragan Andrejević vermittelt glaubhaft, das er motiviert ist und sich über die neue Aufgabe freut. «Die Grösse oder das Ansehen eines Clubs ändert nichts an meiner Arbeitsweise», betont er – und er ist überzeugt: «Swiss Central verfügt über grosses Potenzial.» Gerade im Nachwuchsbereich gehöre der Club seit Jahren zu den Top-Adressen. In der Tat: Just vergangenes Jahr holte SCB mit der U18 im Cup einen weiteren Pokal nach Luzern.
Zwei gewichtige Abgänge
An Pokale oder Titel denkt Andrejević bei SCB derweil (noch) nicht – dafür ist er zu clever. Er weiss: Nach dem Abgang des Amerikaners Jermale Jones, der aus finanziellen Gründen nicht weiterpflichtet und vorerst auch nicht ersetzt wird, fehlen auf der Spielmacherposition Erfahrung und Führungsqualitäten. Zudem startet SCB ohne Stan Leemans in die Saison. Der letztjährige Captain denkt offen über einen Rücktritt aus dem Spitzensport nach. Definitiv entschieden soll jedoch noch nichts sein, wie es seitens Leemans und des Clubs heisst. Der 32-Jährige hält sich zurzeit bei seinem Stammverein Zug in der 1. Liga fit. «Ich stehe mit Stan in Kontakt und hoffe natürlich, dass er sich doch noch für uns entscheidet», sagt Andrejević . Und falls nicht, dann ist es halt so.
Schnelle Beine allein reichen nicht
Dragan Andrejević ist keiner, der Dingen nachtrauert. «I’m not a dreamer», sagt er. Er sei kein Träumer, dafür hat er selber schon zu viel erlebt. Stattdessen glaubt er an ehrliche Arbeit. Ein Spieler hat Talent? Schön. «Das macht aber nur 10 bis 15 Prozent aus.» Viel wichtiger als in die Wiege gelegte Fähigkeiten sind ihm Attribute wie Disziplin, Loyalität, Fleiss, Entwicklungswille. Ein guter Basketballer müsse zuallererst «ein guter Mensch» sein. «Er muss bereit sein, in sich und sein Spiel zu investieren. Und dieselben Dinge immer und immer wieder zu tun. Wenn ein Spieler physisch stark ist und dazu über einen guten Wurf verfügt, sei dies eine gute Grundlage. Aber: «Schnelle Beine reichen nicht, es braucht auch einen schnellen Kopf.» Der sogenannte Basketball-IQ mache letztlich den Unterschied. Auch die Spielintelligenz könne trainiert und erlernt werden, ist Andrejević überzeugt. «Step by step», eins nach dem andern. Diese Philosophie lebt Andrejević konsequent. Ein Beispiel: Bei den einminütigen Time-Outs, die im Basketball bis zu fünf Mal pro Team und Spiel verlangt werden können, versucht Andrejević stets, sein Team nicht taktischen Anweisungen zu überfordern. «Mein Ziel ist es, dem Team höchstens zwei bis drei Informationen mitzugeben.»
Fehler? Gehören dazu!
Wichtig ist ihm auch, dass er als Coach auch in negativen Phasen positiv zu bleiben. Er weiss: Es ist einfacher, die Arme zu verrühren und Spieler zusammenzustauchen – aber ist das auch zielführend? Dragan Andrejević glaubt das nicht, hingegen ist er überzeugt: «Wenn ich den Spielern vertraue, tun sie das auch mir gegenüber.» Dazu gehöre auch, dass er Feedbacks von seinen Spielern nicht nur akzeptiere, sondern dieses geradezu einfordere. Er versuche stets, seine Erfahrung mit den Ideen und Vorstellungen seiner Spieler in Einklang zu bringen. Dazu gehört auch eine offene Fehlerkultur. Anders geht’s auch nicht, wie Andrejević lachend ergänzt: «Unsere Spieler sind jung und werden viele Fehler machen. Entscheidend ist, wie wir als Team darauf reagieren.» Er weiss: «Fehler gehören zum Leben – und sie machen uns letztlich besser.»